Darwich aus Latakia, Syrien

Ein Vater, ein Sohn. Beide auf der Flucht vor dem Krieg. Sie laufen gemeinsam von Syrien aus durch den Libanon, durch die Türkei rüber nach Griechenland und weiter nach Deutschland. Sie erleben viel, sehen mit offenen Augen dem Tod entgegen und leiden täglich Angst. Wird ihnen auf der Flucht geholfen? Hilfe, so erleben sie,  gibt es vor allem für Frauen und Kinder. Für die Familien. Aber sie sind zwei Männer.

Darwich und sein Vater sind aus Syrien geflohen. Darwich ist 17 und ging in seiner Heimatstadt Lattakea in die 9. Klasse, als er und sein Vater vor dem Krieg fliehen müssen. Seine Mutter, seine zwei Schwestern und seinen Bruder muss er zurück lassen, da diese zu schwach und zu jung für eine durchaus harte Flucht über das Mittelmeer waren. Aber die Beiden müssen fort, sie leben in der Heimatstadt des Präsidenten Assad, wie die meisten Anhänger des Diktators. Nur sie gehören nicht dazu – und sie werden bedroht.

Der junge Syrer denkt oft an diese Zeit zurück und ist sehr verletzt. Nicht nur durch die Geschehnisse in seinem Heimatland, auch durch die Erlebnisse auf der Flucht. Bis nach Deutschland war es ein harter Weg. Unterwegs wurden sie von der Mafia und den Taliban bedroht. In Kroatien verlor Darvich seinen Vater für einen Tag aus den Augen. Er war in Panik, dachte, er würde seinen Vater nie wieder sehen. Er sieht Menschen ertrinken und vor Schwäche sterben. Welch ein Glück, dass sie sich wiederfinden. Aber die Angst bleibt. Davor, dass sie die Flucht nicht überleben. Dass der Familie in Syrien etwas passiert. Dass das Geld nicht mehr ausreicht, um Essen zu kaufen. Aber ihr Glaube hilft. Allah habe ihnen immer geholfen, nickt Darwich.

Der junge Moslem denkt viel nach. Über die Unterscheide von Syrien und Deutschland, über den Islam und das Christentum, über Krieg und Frieden. „Du hast deine Religion, ich habe meine Religion”. Darwich kann die Angst der Menschen vor der Islamisierung Deutschlands nicht verstehen. Man wolle in Ruhe leben. Überall gäbe es nette, aber auch unfreundliche Menschen, gläubige und ungläubige. Auch unter den Deutschen erlebe er Beschimpfungen und Anfeindungen, manchmal regelrechten Hass. Unterwegs meinte ein Fremder zu ihm, dass er seinen Vater doch zurücklassen solle, da dieser nur Balast wäre und er ohne ihn besser dran wäre. Dennoch sind Darwich und sein Vater zusammen in Deutschland angekommen. Seinen Vater im Stich lassen? Undenkbar. Die Beiden sind ein eingeschworenes Team.

Wieso sie genau nach Deutschland geflüchtet sind? Weil es hier Menschenrechte gibt, sagt Darwich, weil man hier ein Recht auf Bildung hat und Universitäten besuchen kann. Das kann man in Syrien nur, wenn man viel Geld hat.

In Deutschland hat Darwich eine Aufenthaltserlaubnis für 3 Jahre bekommen. Er geht in die Vorbereitungsklasse (VKL) am Ludwig-Wilhelm-Gymnasium in Rastatt und will seinen Hauptschulabschluss an der HLA machen. Danach wünscht er sich eine Ausbildung zum Automechaniker. Aber sein größter Traum ist die Familienzusammenführung. Mutter und Geschwister haben es mittlerweile bis in die Türkei geschafft. Dort bekommt die Mutter jedoch einen Herzinfarkt – und neue Ängste kommen hinzu. Für den 17-jährigen eine große Belastung. Ein Wunder, dass er noch lachen kann. Zum Beispiel beim Fußballspielen im FV Iffezheim. Dann vergisst er, wie viel er verloren hat – und ist fast ein ganz normaler Jugendlicher.

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Zazou Hassouna

Unser jüngstes Redaktionsmitglied: 16 Jahre. Und dabei sagt das Alter nicht viel aus. Denn Zazou geht durch ihr vielseitiges Engagement voller Wissbegier ihren Weg: auf dem Tulla-Gymnasium Rastatt, beim Spielen am Phoenix-Theater Rastatt, bei der DLRG und beim Tanzen. Sie ist kreativ, hilfsbereit, freundlich, mal leise und mal sehr laut.