Ahmad und Yasan aus Deir ez-Zor, Syrien

Über zwei Jahre ist es her, dass Ahmad und Yasan ihre Familie nicht mehr gesehen haben. Die Brüder flohen vor dem Krieg in ihrem Heimatland Syrien über die Türkei und Griechenland nach Deutschland. In Syrien hätten sie zum Militär gemusst, auf ihre eigenen Landsleute schießen. Was für ein unerträglicher Gedanke. Vielleicht wären sie heute schon tot oder hätten viel Leid auf sich geladen. Das Brüderpaar ist oft nachdenklich und denkt voller Trauer an die Eltern und einen ihrer Brüder, der in einem Gefängnis des Assad-Regimes sitzt und von dem sie seit Jahren nichts mehr gehört haben. Wie geht es ihm? Lebt er noch? Was muss er leiden?

Ahmad und Yasan besuchen Deutschkurse und Schulen. Der 18-jährige Ahmad hat mittlerweile seinen Hauptschulabschluss, um über die Realschule und das angestrebte Abitur studieren zu können. Sein großer Traum: Er will Rechtsanwalt werden. Seine Motivation: „Ich will Menschen helfen, die sich nicht mehr selbst helfen können“. Zögernd setzt er hinzu, dass dieses Studium wohl nur ein Traum bleiben wird. In Deutschland sieht er kaum Chancen für seine Pläne. Er würde gerne neue Kontakte knüpfen, um mit Jugendlichen vor Ort besser Deutsch zu lernen. Die Frage, ob er zurück nach Syrien gehen würde, sollte der Krieg vorbei sein, kann er nicht beantworten. Einerseits vermisse er seine Heimat und seine Familie. Auf der anderen müsste er dort wieder bei null anfangen, während er in Deutschland schon die ersten Schritte gemacht hat.

Yazan (23) schließt sich der Aussage über die Familie an. Er ist sich jedoch sicher, dass er nicht zurück will. Er möchte in die Fußstapfen seines Vaters treten und sich eine Kariere als Musiker aufbauen. Zusammen mit seinem Bruder tritt der Gitarrist bereits bei kleinen Festen auf. Sein Traum wäre es, erfolgreich zu sein und nach Baden-Baden zu ziehen, die für ihn die schönste Stadt der Gegend ist. Und was ist, wenn sie immer wieder hören, dass viele Flüchtlinge kriminell seien? Yazan schüttelt den Kopf: „Uns ist bewusst, dass es bei uns viele Idioten gibt. Einige von denen sind auch hierher gekommen. Aber es sind auch Menschen wie wir hier, die einfach nur ein normales leben führen wollen. Und diese Menschen sind in der Überzahl.“

Kleines Happy-end im September 2018: Ein Bruder, Karam, 26, Architekt, trifft in Deutschland ein. Die drei Brüder fallen sich in die Arme. Wiedersehen nach Jahren. Sie haben viel zu reden. Über Vergangenes. Und über die Zukunft. Wer weiß, was kommt. Aber jetzt überwiegt erstmal die Freude. Auch wenn vom Bruder im Gefängnis weiter ein Lebenszeichen fehlt. Aber zumindest drei Brüder sind wiedervereint.

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Ian-Titus Manta

Schüler an der Freien Waldorfschule in Rastatt (tanzt seinen Namen nicht vor). Jahrgang 1999. Hobbys: Fotografieren und Motorradfahren. “Ich will in dieser Welt etwas verändern, denn es gibt noch so vieles das falsch läuft.“