Krieg und Terror, Hunger und Elend, Versklavung und Unterdrückung. Hört das denn nie auf?
August 2015 – ein Satz verändert Deutschland: „Wir schaffen das.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel geht auf die stark steigende Zahl von Flüchtlingen ein. Die Grenzen nach Deutschland bleiben offen. „Wir schaffen das“: Eine sehr solidarische und motivierende, auch polarisierende Aussage. Drei kleine Wörter für eine große Aufgabe. Eine Verantwortung. Ein Versprechen. Oder ein Versprecher?
Viele sind gefordert, oft überfordert: Bund, Länder und Gemeinden, Wirtschaft und Wohlfahrtsverbände, Schulen und Kitas, Kirchen und Vereine, Haupt- und Ehrenamtliche. Etats und Statistiken, Formulare und Förderungen werden aus dem Boden gestampft. Wohnraum muss geschaffen, Möbel und vieles mehr besorgt werden. Eine Mammutaufgabe.
Immer wieder die Frage: Schaffen wir das wirklich? Schaffen es die Flüchtlinge, sich in Deutschland zu integrieren? Wer darf bleiben – unter welchen Voraussetzungen – und wer muss gehen? Schlagzeilen überschlagen sich, gute wie schlechte. Eine Kanzlerin und zwei Kanzler regieren in diesen zehn Jahren. Mit einer wachsenden Stimmung gegen Flüchtlinge. Auch wegen schrecklichen Attentaten einzelner Extremisten und psychisch Gestörter.
Jeder Fall ist einer zu viel. Darunter leiden auch alle anderen, die ohne Schuld mitverurteilt werden. Fakt: Viele von ihnen haben mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit und arbeiten. Sie bekommen Kinder, die hier in Kitas und Schulen gehen. Was macht das mit ihnen, der Politik und unserer Gesellschaft? Wie lautet die Bilanz? Und wie lange gilt der Begriff „Flüchtling“? Analog zu „Gastarbeiterkind in 3. Generation“?!
Nicht alle Schrecken werden als Fluchtgründe in der europäischen Union anerkannt.
Asylberechtigt sind Menschen, die „im Falle der Rückkehr in ihr Herkunftsland einer schwerwiegenden
Menschenrechtsverletzung ausgesetzt sein werden, aufgrund ihrer
- Rasse (nach der Genfer Flüchtlingskonvention)
- Nationalität
- politischen Überzeugung
- religiösen Grundentscheidung oder
- Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ohne eine Fluchtalternative“, so das „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ (BAMF).
Hunger- oder Umweltkatastrophen gelten nicht als anerkennungswürdiger Fluchtgrund. Menschen, die flüchten, weil sie keine Lebensgrundlage in ihrer Heimat sehen, werden oft auch als „Wirtschaftsflüchtlinge“ bezeichnet.
Bei der ersten Ausstellung 2017/18 haben wir 17 Portraits abgebildet. Von Flüchtlingen aus Afghanistan, China, Gambia, dem Irak und Syrien. 13 Familien bzw. Alleinstehende haben wir für unser Update erreicht und gefragt: Was macht ihr heute? Vier sind nicht mehr dabei: Weil wir keinen Kontakt mehr haben und sie nicht erreichen konnten, weil sie nicht mehr in Deutschland sind und einmal weil sie schlechte Reaktionen auf das erste Mal bekommen haben und sich das nicht mehr antun wollen. 2025 sind weitere drei Portraits dazugekommen: von einer jungen Afghanin und von zwei Ukrainerinnen.
Unsere Ausstellung zeigt nur eine kleine Auswahl von Menschen, Fluchtländern und Fluchtgründen. In Cafés International, die in verschiedenen Gemeinden von Verwaltungen oder Hilfsorganisationen angeboten werden, können Sie Geflüchtete treffen und mit ihnen ins Gespräch kommen. Viele freuen sich über das Interesse – auch an Arbeitsplätzen, in der Nachbarschaft oder bei Festen. Wir alle können zur Integration beitragen.
Wir nehmen in unserer Ausstellung keine Wertung vor. Für uns gibt es keine „guten“ oder „schlechten“ Flüchtlinge. Weder be- noch verurteilen wir die Fluchtgründe des Einzelnen. In vielen Gesprächen mit Geflüchteten wird deutlich: Jeder handelt im Rahmen seiner ethischen Prägung, sozialisiert z.B. durch den kulturellen oder religiösen Kontext. Unsere Portraits können nur einen kurzen Einblick geben. Deshalb ist es wichtig, dass wir mit den Menschen sprechen und nicht nur über sie.
Unser Anspruch: respektvoll miteinander umgehen, vorurteilsfrei begegnen, Chancen ermöglichen. Zum Beispiel beim Deutsch lernen, beim Verstehen unserer Werte, unserer Kultur, unseres Grundgesetzes und unserer Demokratie. Wir bieten ohne rosarote Brille Orientierung und Hilfe. Das ist die Ergänzung zu allen Angeboten der Behörden. Unsere Erfahrung ist: Geflüchtete integrieren sich leichter, wenn sie Möglichkeiten zum privaten Anschluss finden. WAS WÜRDE ICH TUN? spricht uns alle an: Was bräuchte ich in einem fremden Land, um einen Neuanfang zu schaffen?
Wir haben uns selbst gefragt:
Was würde ich tun?
Wann wäre das Leid so groß, dass ich meine Heimat verlasse?
Was würde ich mir und meiner Familie zumuten?
Was würde und könnte ich mitnehmen?
Könnte ich in meinem Leben bei Null anfangen?
Wie würde ich mich integrieren?
Was müsste ich ändern, um mich anzupassen?
Mit was würde ich mich im neuen Land einbringen?
Wie würde ich mit Ablehnung und Fremdenhass umgehen?
Wann würde ich mich als Teil von „Wir in Deutschland“ empfinden?
Wie begegne ich Flüchtlingen – und sie mir?
Was kann ich für das Miteinander in unserer Gesellschaft tun?
Rede ich mit Flüchtlingen oder nur über sie?
Wie reagiere ich, wenn ich Fremdenfeindlichkeit mitbekomme?
Hat sich in den 10 Jahren mein Denken und Handeln verändert?
Auch mein Wahlverhalten?
Was muss wer wie in Zukunft tun?
Wenn Sie konstruktive Antworten oder weitere ernsthafte Fragen haben, dann mailen Sie uns bitte:
info@was-wuerde-ich-tun.de
Mehr Informationen zur Rechtslage.
Der Informationsverbund ASYL & MIGRATION informiert: „Der Schutz von Asylsuchenden in Deutschland bestimmt sich nicht nur nach nationalen Regelungen, sondern wird maßgeblich von internationalem und europäischem Recht beeinflusst. So gibt es neben dem Recht auf Asyl nach dem Grundgesetz weitere Schutzformen, die in der Praxis eine weitaus größere Rolle spielen. Völker- und europarechtlich definiert werden der Flüchtlingsschutz und der subsidiäre Schutz, die zusammengefasst als „internationaler Schutz“ bezeichnet werden. Im deutschen Recht sind darüber hinaus noch sogenannte nationale Abschiebungsverbote vorgesehen.“
Das „Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951“, genannt Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), ist ein völkerrechtliches Abkommen. „Es bestimmt, wer als „Flüchtling“ im rechtlichen Sinne anzusehen ist und welche Rechte Flüchtlinge genießen. Insbesondere ist darin das völkergewohnheitsrechtliche „non-refoulement“ Gebot verankert, wonach Personen nicht in einen Staat zurückgewiesen werden dürfen, in dem ihnen Verfolgung droht. Eine Person hat nach der GFK die Flüchtlingseigenschaft inne, wenn sie sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung“ außerhalb ihres Heimatlandes befindet.“
Der völkerrechtliche Flüchtlingsbegriff ist somit zu unterscheiden von der umgangssprachlichen Verwendung des Begriffs - so sind Personen, die vor Krieg, Hungersnot oder Naturkatastrophen fliehen, nicht notwendigerweise Flüchtlinge im Sinne der GFK. Für sie kommt aber möglicherweise eine andere Schutzform in Frage. Auf Ebene der EU wurden diese Vorgaben in der Qualifikationsrichtlinie übernommen. In Umsetzung der völker- und europarechtlichen Vorgaben sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland im Asylgesetz geregelt (siehe dazu die §§ 3 bis 3e AsylG). Das BAMF prüft sie im Rahmen des Asylverfahrens.
Der Flüchtlingsschutz wird gemeinsam mit dem subsidiären Schutz als „internationaler Schutz“ bezeichnet.
Die GFK und die darauf aufbauenden europäischen und deutschen Rechtsnormen nennen die folgenden Voraussetzungen für die Anerkennung einer schutzsuchenden Person als Flüchtling:
Subsidiärer Schutz: www.asyl.net/themen/asylrecht/schutzformen/subsidiaerer-schutz/
Abschiebungsverbot: www.asyl.net/themen/asylrecht/schutzformen/abschiebungsverbote/